Alle sind schon in Sommerstimmung. Letzte Woche haben hier die Schulferien begonnen, die bis Mitte August gehen. Die Übergänge kommen uns aber fließend vor, weil es trotzdem noch so etwas wie eine Sommerbetreuung gibt und z.B. auch noch eine Musiktheateraufführung stattfand, die wir uns am Wochenende angeschaut haben. Allerdings konnten wir schon vor dem eigentlichen Ferienbeginn an der ein oder anderen Stelle eine gewisse Sommermüdigkeit feststellen, die wir auch aus Deutschland kennen – das „Sommerloch“. In dieser Zeit hier als Zugezogener anzukommen, ist nicht ganz optimal; die Mühlen mahlen dann etwas langsamer. Die Spielgruppen, in die ich mit den Kindern gerne gehe, haben entweder schon Sommerpause bis September oder fangen bald mit den Ferien an. Das ist schade, weil wir darüber Kontakte knüpfen, nette Bekanntschaften schließen, viel basteln und malen und Emma so langsam die Zurückhaltung gegenüber schwedisch sprechenden Leuten verliert.
Eine Eingewöhnung in einen Kindergarten mit Emma macht noch keinen Sinn vor der Sommerpause. Abgesehen davon, dass wir noch keinen Platz haben. Ich blicke dem Kindergarten schon sehr gespannt entgegen, weil ich glaube, dass es Emma sprachlich helfen wird und es auch schön ist, andere Kinder kennen zu lernen. Nicht immer wechselnde Kinder wie in den Spielgruppen, sondern konstante Wegbegleiter. Wir werden sehen, was sich im August tut. Die schwedische Gelassenheit kann gerne auf uns abfärben.
Franz ist vor einem Monat in den SFI-Kurs gekommen (Schwedisch für Einwanderer); dort zunächst in den Einführungskurs, in den alle kommen, um anschließend in Gruppen eingeteilt zu werden. Wir haben mit dem C-Niveau gerechnet (es geht von A bis D), aber Franz hat eine Spontanprüfung gemacht und konnte direkt in den D-Kurs; welche Freude! Jetzt geht es also ans Eingemachte und er wird richtig gefordert. Ich habe mich für einen Abendkurs beworben und hoffe, nach den Ferien auch etwas davon zu hören. Das ließe sich sogar einrichten, auch, wenn Franz und ich uns dann an ein paar Tagen in der Woche nur die Klinke in die Hand geben und uns wenig sehen würden. So ein abgeschlossener Kurs ist aber nicht nur gut für einen systematischen Spracherwerb, sondern auch für die Arbeitswelt. Wir hatten neulich Besuch von einer Journalistin, die einen sehr netten Zeitungsartikel über uns geschrieben hat, den wir auch schon komplett auf Schwedisch machen konnten. Es wird immer besser. Auch, wenn wir den Wunsch haben, noch mehr oder besser sprechen zu wollen.
Wir hatten in der letzten Woche einen kleinen „Hänger“, weil wir am Wochenende in Deutschland waren. Die Fahrt war erstaunlich gut und weniger stressig als erwartet. Auf der Hinfahrt hatten wir eine schöne fahrende Pause auf der Fähre von Rødby nach Puttgarden, auf der Rückfahrt hatten wir einen kurzen Zwischenstopp in Heide, um einen Reisepass für Dorle zu machen und etwas zu essen.

Warum also der Hänger? Einerseits waren wir nach dem Besuch sprachlich nicht mehr so am Ball wie vorher, das kam aber schnell wieder. Andererseits schwang ein bisschen Wehmut mit. Das lag daran, dass wir den Geburtstag unseres Neffen nachgefeiert haben und es einfach nur schön war. Die Familienzeit ist über eine längere Distanz natürlich nicht ganz so einfach, wobei das vorher auch schon nicht unerheblich war und weniger freie Wochenenden zur Verfügung standen als jetzt.
Der andere Punkt, der für ein bisschen Wehmut gesorgt hat, war ein Konzert, in dem Franz gesungen hat. Der letzte Einsatz dieser Art war schon länger her und hat ihn daran erinnert, wie viel Freude es macht, als Sänger unterwegs zu sein, wie toll ein Chor klingen kann und vor allem: Wie gerne er mit seinem guten Freund zusammen musiziert.
Wir sind schon gespannt, wie sich die Chorarbeit hier entwickeln wird. Positiv ist, dass wir, als wir wieder nach Schweden zurückfuhren – so schön es in Deutschland auch war – trotzdem schon das Gefühl hatten, nach Hause zu kommen.
Den Sommer haben wir hier auch zu spüren bekommen. Eins kann ich sagen: Ich habe die skandinavische Sonne total unterschätzt. Wir waren den ganzen Samstag mit dem Fahrrad unterwegs, es wehte ein kaltes Lüftchen, sodass wir die Sonne nicht bemerkt hatten. Ergebnis war der erste Sonnenbrand, den ich seit sehr, sehr langer Zeit hatte. Ich finde überhaupt, dass die Sonne sich hier stärker anfühlt. Es mag vielleicht auch an der Länge der Tage liegen, es ist jetzt um 22 Uhr noch hell und um 3:30 Uhr auch schon.


Baden im See waren wir auch schon, mit Begleitung von Hunderten Kaulquappen. Die Natur ist so atemberaubend schön hier.


Am Sonntag fand ein Freiluftgottesdienst statt. Mitten im Wald, der der Kirche gehört, an einer idyllischen schwedenroten „Stuga“ (Sommerhaus) mit anschließender „Fika“ (Kaffeestunde) und natürlich Zimtschnecken und selbst gebackenen Kuchen – herrlich.

Apropos Sommer: Dieses Wochenende wird Midsommar gefeiert. Wir sind schon ganz gespannt und freuen uns auf das zweite schwedische Traditionsfest. Dazu schreibe ich dann später noch einige Eindrücke. Das erste schwedische Fest war der Nationalfeiertag am 6. Juni. Von der Kommune (Gemeinde/Kreis) Tranemo wurde eine Zusammenkunft in einem naheliegenden Dorf veranstaltet, bei der eine Big Band namens „Tranemo Concert Band“ spielte, die Flagge gehisst und einige Reden gehalten wurden. Zum Schluss wurde die schwedische Nationalhymne gespielt, alle sind dabei aufgestanden und viele haben mitgesungen. Das war für uns ein sehr ungewohntes, aber interessantes Bild, da nichts Unangenehmes „mitschwang“, wie es in Deutschland der Fall wäre.


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