Jetzt ist so viel Zeit vergangen, dass wir fast ein ganzes Jahr rekapitulieren müssten. Hier kommt ein kleiner Versuch, vom Aktuellsten rückwärts blickend. Es ist gerade kalt, aber wunderschön, weil die Sonne öfter zu sehen ist. Das haben wir heute draußen genossen. Das hat sich auch verändert für uns. Jeden Tag sind wir draußen, vor allem die Kinder im Kindergarten.
Das Jahresende
Der Dezember ist regelrecht an uns vorbeigeflogen. Franz hat ein großes Weihnachtskonzert gehabt, was extrem gut angenommen wurde. Bei den zwei Konzerten waren insgesamt rund 700 Besucher und 100 haben mitgewirkt.
Die Adventszeit war sehr stimmungsvoll. Die vielen Lichter strahlen der stockfinsteren Dunkelheit entgegen. Jetzt gerade befinden wir uns in den „Ochsenwochen“, also die Zeit im Januar, die etwas trostloser ist – die Feiertage sind vorbei, es ist kalt, alle sind müde und noch nicht so richtig motiviert für das neue Jahr.
Ein Eisbad Ende November habe ich auch gemacht, aber anbaden waren wir noch nicht. Dazu müssten wir jetzt die Eisdecke auf dem See aufhacken…
Das Weihnachtsfest war schön. Etwas überschattet war der Tag von dem Fakt, dass wir gepackt und alles in Ordnung gebracht haben, weil wir am ersten Weihnachtstag nach Franz‘ Dienst nach Deutschland gereist sind. Außerdem konnten wir unser Wasser nicht benutzen, weil es einen Einbruch in die kommunale Wasserversorgung gegeben hat und der Wasserspeicher manipuliert wurde. Zum Glück haben wir für solche Fälle vorgesorgt und konnten uns über Wasser halten, auch wenn das Timing denkbar schlecht war, wenn man das Kochen eines Weihnachtsessens bedenkt usw… Die Kommune hat erstaunlich schnell und gut reagiert, hat direkt Proben eingeschickt (trotz Feiertagen) und große Wassertanks mit Trinkwasser an öffentlichen Plätzen zur Verfügung gestellt, auch bei uns im Dorf. Unser Nachbar kam vorbei und fragte uns, ob wir Wasser bräuchten, weil er sich auf den Weg machen würde. So einen Zusammenhalt und pragmatische, schnelle Lösung, das war wirklich beispielhaft.
Die Reise nach Deutschland war schön, auch wenn wir einige gerne noch getroffen hätten, was aus Reise- oder Krankheitsgründen nicht ging. Nächstes Jahr wollen wir aber doch Zuhause bleiben und die Tage zwischen den Jahren ruhiger gestalten und hier in Schweden genießen. Die Kinder wollen sich mit ihren Geschenken beschäftigen und wir müssen durchatmen nach einem langen Herbst und dem Winterbeginn.
Besuch in Heide und Wesselburen
Am zweiten Advent waren wir in Heide. Franz hat am Sonntag den Bass im Weihnachtsoratorium in Wesselburen gesungen. Eigentlich war es eine verrückte Aktion, dafür nach Deutschland zu fahren, zumal wir nach Weihnachten noch einmal in Deutschland waren, aber es war schön, Franz singen zu hören. Das geht hier im Alltag etwas unter und ich finde, er sollte ruhig öfter Gelegenheiten dazu finden.
Wir haben bei Lotte Boigs übernachtet und sind sehr dankbar für ihre Gastfreundschaft und die tollen Gespräche mit ihr.
Außerdem haben wir viele Freunde und Bekannte getroffen. Nicht alle konnten damals verstehen oder nachvollziehen, warum wir gegangen sind. Manche Begegnungen fühlen sich sogar im ersten Moment etwas komisch an, weil Gefühle mitschwingen. Wir sind jedoch so glücklich über den Schritt und froh über die neu gewonnene Gelassenheit, dass es auch eine Art „Abschluss“ mit offenen Fragen ist. Wir fühlen, dass wir alles richtig gemacht haben.
Danach werden wir auch oft gefragt. Es fühlt sich nach wie vor richtig und gut an.
Gleichzeitig sind wir sehr dankbar für unsere intensive Zeit in Heide und die Menschen, die wir kennen lernen durften.
Wir wurden auch von einigen nach dem Blog gefragt, was mich dazu bewogen hat, endlich hier zu sitzen und zu schreiben. Es freut mich, dass es doch auf Interesse stößt.
Franz, was sagst du über den Besuch in Heide?
Es war spannend, nach einer längeren Zeit mal wieder in Heide gewesen zu sein. Wir waren ja auch so mal zwischendurch dort, dieses Mal war es jedoch etwas spezieller, da sich nun ein paar neue Dinge getan hatten, die mit meiner Heider Arbeitsstelle zu tun haben: Ich habe meinen Nachfolger getroffen, die Kirche ist fertig saniert und die Orgel ist eingebaut. Alles Dinge, die einen entscheidenden Anteil an unserem Weggang aus Heide hatten. Mein Nachfolger ist ein sehr netter Mensch, sympathisch, engagiert, der Musik verschrieben, aber wohl in allem mit einer demütigen Art. Die Begegnung war wirklich sehr nett, hätte durchaus anders laufen können, wenn man auf seinen Nachfolger trifft. Die St.Jürgen-Kirche in Heide auf dem Markplatz ist fertig gestellt. Ich finde es toll für die Gemeinde, die Mitarbeiter, die Gruppen und insgesamt für alle Leute in der Stadt und drumherum, dass sie jetzt wieder „ihre“ Kirche zurück haben und in ihr Gottesdienste feiern und ihren Glauben leben können. Was das Gesamtresultat so betrifft, bin ich ehrlich gesagt nicht besonders angetan. Das sage ich ohne Häme oder Genugtuung, sondern es ist tatsächlich relativ emotionslos und etwas ernüchternd gewesen, als wir die Kirche besucht haben. Aber wie gesagt, schön für alle Beteiligten, dass diese Zeit der Schließung entgültig vorbei ist.
Gleiches gilt für die Orgel aus meiner Sicht: Super, dass sie fertig ist. Es ist ein schönes Instrument. Nicht mehr und nicht weniger.
Alles in allem war es auch emotional gut, dass wir die Kirche besucht haben. Es scheint mir, dass ich mit dem Kapitel Heide etwas mehr abschließen kann und die Wunde, die diese Zeit verursacht hat, nun doch besser heilen kann.
Das Weihnachtsoratorium in Wesselburen war eine schöne Sache. Ich konnte nach längerer Zeit mal wieder bei einem Weihnachtsoratorium dabei sein. Das war wirklich das Schönste daran. Und es war auch echt toll, einige bekannte Gesichter zu sehen und mit einigen auch ein bisschen reden zu können. Schön, dass wir noch mit so einigen lieben Menschen verbunden sind.
Wie läuft es bei Franz' Arbeit?
Dann habe ich zu Beginn dieses Schuljahres auch den Kinderchor hier in der Gemeinde übernommen. Das war und ist immer noch ziemlich aufregend ehrlich gesagt, aber trotzdem eine schöne Arbeit, die mich nochmal viel tiefer in die schwedische Kultur, Sprache, Musik und auch Lebensweise hineinnimmt. Das beginnt allein damit, dass die Kinder vor den Chorproben etwas zu essen kriegen (müssen), da sie so eingearbeitete Essenszeiten seit dem Kindergarten haben mit den unterschiedlichen Zwischenmahlzeiten, dass es für den „normalen“ Schweden gar keine Frage ist, ob es da etwas gibt oder nicht. Sondern wenn die Kinder zu dieser Zeit bei uns sind, gibt es halt auch etwas zu essen.
Wir haben einige Gottesdienste gestaltet und jetzt gegen Ende des Jahres quasi auf zwei Höhepunkte zugearbeitet: Die kleine Gruppe hat ein Krippenspiel aufgeführt und die Großen haben beim traditionellen Weihnachtskonzert mitgesungen. Krippenspiel ist insofern interessant, als dass es diese Tradition hier in Schweden nicht so gibt. Für die Gemeinde in Tranemo war es wahrscheinlich das erste Mal überhaupt, dass es so etwas gab. Und auch hier kommt der Kulturunterschied zum Tragen: Ich hatte vorgeschlagen, ein Krippenspiel an Heiligabend aufzuführen und blickte in meinem Kollegenkreis nur in skeptische Gesichter: „An diesem Tag kannst du das nicht machen. Da kommt keiner. Alle sind zu Hause und da kriegst du den Kinderchor nicht in die Kirche“ … Mmh, interessant, dachte ich. Hätte ich absolut nicht mit gerechnet aus meiner „deutschen Brille“ gedacht. Dann machten wir die Aufführung am vierten Advent im Vormittagsgottesdienst. War super! Eine richtig gute Sache mit sehr viel Gemeinde und toller Stimmung.
Dann hatten wir das traditionelle Weihnachtskonzert mit Erwachsenenchor, der großen Kinderchorgruppe, einem weiteren Kinderchor der Musikschule, das Orchester der Musikschule und einem Gesangssolisten. War wieder mal sehr schön, wobei ich dem Erwachsenenchor dieses Jahr glaube ich etwas zu viel augehalst habe. Muss ich nächstes Jahr wieder etwas entschlacken. Aber es hat trotzdem alles geklappt.
Ansonsten läuft es auf der Arbeit gut. Ich habe wirklich liebe, nette Kollegen, mit denen ich gern zusammenarbeite.
Steffis Arbeit
Ich weiß gar nicht mehr, wie viel ich schon zu meiner Arbeit geschrieben habe. Ich arbeite zur Zeit als Lehrerin für Deutsch für die Klassen 6-9. In Schweden ist es noch die Grundschule, es wird erst nach der neunten Klasse aufgeteilt. Das ist eine sehr große Herausforderung, da die Schüler sehr unterschiedliche Voraussetzungen haben. Dann alle individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen, finde ich manchmal befremdlich, aber so funktioniert es im schwedischen System. Ich tue mich mit bestimmten Sachen relativ schwer. Deshalb bin ich besonders froh, dass ich so tolle Kollegen habe, die mir immer helfen und mit denen ich sehr gut zusammenarbeiten kann. In diesem Schuljahr bin ich 60 % angestellt und unterrichte nicht mehr Englisch, sondern nur noch Deutsch. Dazu kommt aber noch, dass ich Mentor, als Klassenlehrerin, bin. Die siebte Klasse, die ich bekommen habe, hat ein paar sehr harte Nüsse mit dabei. Manchmal kommt es mir so vor, als sei ich Sozialarbeiterin und keine Lehrerin. Schlägereien, Beleidigungen, Respektlosigkeit und ein sehr rauer Umgangston stehen hier leider an der Tagesordnung, ebenso wie der Kontakt zum Sozialamt. Das Unterrichten an sich macht mir sehr viel Freude und ich hoffe, dass sich der Trubel auch ein bisschen legt. Neben der Schule studiere ich noch auf Distanz, um mich zu einer „vollwertigen“ Lehrerin auszubilden. Das macht unglaublich viel Spaß und gibt mir viele Ideen, das Studium ist sehr praxisorientiert. Der Alltag mit Familie, Job, Studium usw. lässt manchmal den Wunsch aufkommen, dass ein Tag mehr als 24 Stunden haben sollte.
Der Herbst
Franz hat zum Geburtstag einen Konzertbesuch bekommen mit zeitgleicher Kinderbetreuung und im Anschluss noch einem Drei-Gänge-Menü. So sehr wurden wir verwöhnt.
Der Sommer
Der Frühling
Es ist so wunderschön im Frühling in Schweden. Das Licht kommt zurück, es fängt an zu blühen, die Luft ist eisig und alles ist strahlend blau.
Im Mai waren wir zu Besuch in Deutschland und wir waren völlig baff in einer normalen Bäckerei. Es ist schon witzig, welche Dinge einem auffallen, wenn man länger nicht mehr dort ist.
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