Nun sind wir schon fast zwei Monate und auch die Arbeit läuft seit fast dieser Zeit. Insgesamt sind es jetzt 6 Wochen, seit ich angefangen habe, hier zu arbeiten. Nach dieser doch eher kurzen Zeit lässt sich natürlich noch keine zuverlässige Einschätzung geben, aber ein erster Eindruck wird schon deutlich. Ganz allgemein gesprochen ist der Arbeitsalltag entspannt, selten gibt es wirklich Stress oder Druck. Es ist sehr wichtig, ansprechbar zu sein, wenn man arbeitet. Gleichzeitig werden aber auch die Feierabend- oder Wochenendzeiten sehr ernst genommen. Was für mich neu ist, ist, dass ich meine Arbeitszeiten erfassen muss und somit dokumentiere, wieviel ich jeden Tag gearbeitet habe. Das habe ich noch nie so konsequent gemacht, ist aber wirklich nicht schlecht, da so die Grenze zwischen Arbeit und Privatem nicht so schwimmend ist, wie es sonst der Fall war. Jetzt bin ich entweder arbeitend oder eben nicht, ein Zwischenmodus wird mit Zeiterfassen dann eher schwierig. 

Alles, was administrativ ist, läuft komplett digital – Kalender, Zeiterfassung, Fahrtkostenabrechnung, Auslagenerstattung, Rechnungen gegenzeichnen, meine Anwesenheitsnotizen oder die der Kollegen, gemeinsame Laufwerke oder abgelegte Dokumente in Teams und vieles mehr. Die eigenen Accounts sind alle so, dass man sich auf jedem beliebigen Computer im Kirchenkreis einloggen kann und dort an „seinem PC“ weiterarbeiten kann. Das habe ich beispielsweise angewandt, als ich in einer Nachbargemeinde erst eine Beerdigung und dann nach zwei Stunden noch eine Besprechung hatte. Da habe ich mich in der Zwischenzeit an einen freien Arbeitsplatz im dortigen Gemeindehaus gesetzt und konnte weiterarbeiten. Außerdem bin ich in allen Kirchen, Gemeindehäusern und der Verwaltung des Kirchenkreises automatisch mit meinem Diensthandy und Laptop im WLAN und muss nie nach den Passwörtern fragen, alles voreingestellt.

Beerdigung ist ein gutes Stichwort, denn sie nehmen einen relativ großen Teil meiner Arbeitszeit ein. Ich spiele ca. zwei Beerdigungen pro Woche, die bisher sehr viel Vorbereitung erfordern. Es ist hier üblich, dass die Familien sich alle möglichen Musikstücke wünschen können, die dann ohne große inhaltliche Auseinandersetzung auch verwirklicht werden. 

Noten für Beerdigungen

Das ist für mich mit meiner doch eher traditionellen Prägung erstmal eine ziemliche Umstellung, wenn dann auch völlig problemlos Lieder von Bob Marley oder Countrysongs vom Band abgespielt werden. Oder heute war eine Beerdigung, bei der die Verstorbene wohl gerne Vögeln zugehört hat, deswegen kam als „Sammlungsmusik“ (also die Musik, die zu Beginn kommt) Vogelgezwitscher (wahrscheinlich von Youtube). Die meisten Musikwünsche werden aber live umgesetzt, was dann für mich bedeutet, viel Musik vorzubereiten und mit Solisten/Instrumentalisten abzustimmen und zu üben. Das wird sicherlich mit der Zeit einfacher, da sich die Stücke wiederholen, im Moment ist es allerdings noch viel Vorbereitung. Nichtsdestotrotz macht es mir viel Freude und ich halte die diese Begleitung der Beerdigungen für eine wichtige Aufgabe; schließlich kommen auch viele Menschen zu Beerdigungen, die sonst wenig bis gar nicht mit Kirche (-nmusik) in Verbindung kommen. Umso wichtiger ist mir an dieser Stelle ein positiver Eindruck.

Das Arbeiten im Team mit den Kollegen ist sehr gut organisiert. Wir sind nicht viele, es gibt immer wieder neue Ausschreibungen für Neubesetzungen und hier sind fast alle Kollegen in den letzten 1-2 Jahren erst gekommen, sodass das Team in sich noch nicht gewohnt ist, so miteinander zu arbeiten. 

Es gibt regelmäßige Besprechungen, wir waren bereits zu einer eintägigen Tagung in einem Tagungshaus der Kirche (siehe Bilder), um uns für das kommende halbe Jahr abzustimmen. Dabei ging es sehr effizient zu, eine komplette Terminübersicht wurde im Voraus erstellt. Ein Anschlusstermin für die darauffolgende Zeit steht auch schon fest. 

Planung der Gottesdienste
Fortbildungshaus der Kirche
Fortbildungshaus der Kirche in schwedenrot
Bibliothek im Fortbildungshaus der Kirche
Fortbildungshaus der Kirche

Also wir sind eine überschaubare Gruppe, sind aber gut organisiert und nehmen die Aufgaben sehr ernst. In dieser Woche waren alle hauptamtlichen Mitarbeiter und die Kirchengemeinderäte (Församlingsråd) zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen. Eine eigentlich einfache Sache, aber sehr gewinnbringend im Kennenlernen und Zusammenarbeiten. 

Nebenbei gibt es hier vom Arbeitgeber neben vielen nützlichen Dingen zum Arbeitsschutz (höhenverstellbarer Schreibtisch,…) ein paar nette Zusatzleistungen, wie zum Beispiel einen schwarzen Anzug mit Hemd und Krawatte alle drei Jahre, Bezahlen einer neuen Brille und das Bezahlen von neuen Orgelschuhen, so man diese benötigt. 

Alles in allem ist es schon etwas anders, als ich es aus Deutschland gewohnt bin (hoher Stellenwert der Messen, Beerdigungen, mehr Dienst nach Plan als Verantwortung für alles und nichts). Das ist bisher keine Wertung, sondern nur eine Feststellung. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Dadurch, dass ich eher nach Dienstplan arbeite, hat es dann den Vorteil, dass ich öfter tatsächlich frei habe. So habe ich beispielsweise ein bis zwei Wochenenden im Monat frei und insgesamt nur einen Samstag im Monat, an dem ich arbeite. Für das Familienleben ist das natürlich ein großer Gewinn, wenngleich man möglicherweise nicht ganz so tief eine Gemeindebindung eingeht, wenn man nicht immer Dienst tut, wenn Veranstaltungen auch stattfinden. 

Insgesamt bleibe ich sehr positiv und weiterhin gespannt, wie es sich nach einer ersten „Schonzeit“, die ich als Neuling mit neuer Sprache natürlich erst noch habe, weiterentwickelt. 


2 Kommentare

Udo Lange · 17. Juni 2022 um 00:24

Ihr Lieben,
danke für den neuen Einlick in euer dortiges Leben. Welch ein Unterschied zu uns. Irgendwann ist auch die „Schonzeit“ zu Ende, ja. Die Bedingungen sind jedoch anders als hier und ihr wurdet und werdet wunderbar eingebettet in das ganze Geschehen. Wichtig war und ist die Herzlichkeit wie ihr in die Abläufe integriert werdet und wurdet. Die Sprache kommt mit jedem Tag ein ganzes Stück mehr.
Bleibt behütet.
Herzliche Grüße
Udo Lange

    Steffi Spenn · 17. Juni 2022 um 12:43

    Lieber Udo,
    ja, das denken wir auch. Das Gefühl, sehr willkommen zu sein, ist viel wert. Und ein Motivator, besonders fleißig zu lernen, ist, dass wir beide sehr gerne reden und es uns nervt, dass es noch nicht so klappt, wie wir gern würden. Aber das kommt alles.
    Liebe Grüße!

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert