Die erste gute Woche in Schweden ist nun verstrichen. Kaum zu glauben, was alles passiert ist.
Die Ankunft
Die Vermieterin unseres Hauses wohnt weiter weg und es war schwierig einzuschätzen, wann wir ankommen würden. Deshalb haben wir einer sehr netten Frau aus der Gemeinde den Haustürschlüssel geben lassen, sie war am Umzugstag flexibel und wir wollten ihn bei ihr in Tranemo abholen.
Die große Überraschung: Sie war gar nicht bei sich Zuhause, sondern hat uns mit Kaffee und Kuchen in unserem Haus in Limmared erwartet! Sie hatte sich sogar gemerkt, dass ich keinen Kaffee, sondern Tee trinke. Und schöne Blumen gab es obendrein als Willkommensgeschenk von der Gemeinde. Was für ein Empfang.

Die Umzugsmänner waren schon fleißig mit Ausräumen beschäftigt. In Windeseile standen nun unsere Sachen in den Räumen. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, dass wir eine so entspannte Fahrt haben, das Ausladen so schnell gehen und wir so einen Empfang haben würden.
Das große Räumen
Küche, Kinderzimmer und Wickelplatz mussten schnellstmöglich stehen. Die nächsten Tage waren stressig wie erwartet. Franz und ich sind aber auch (manchmal leider) solche Typen Mensch, die dann alles schnellstmöglich schaffen und organisieren wollen. Emma war etwas neben der Spur, was natürlich klar ist, wenn alles neu ist und die Leute auch noch so komisch sprechen und sie nichts versteht…
Bei all dem war es eine enorm große Hilfe, dass meine Eltern bis Sonntag noch bei uns waren. Wir haben dann zu viert im Wechsel auf die Kinder aufgepasst, ausgeräumt, aufgebaut. Ohne die zusätzliche Hilfe wäre so einiges ganz anders verlaufen.
Da denken wir, dass wir noch „eben die Lampen aufhängen“ – das geht dann aber auch nicht so leicht. Die Waschmaschine braucht einen anderen Anschluss. So gehen die Tage dahin.

Die ersten Ausflüge neben dem großen Auspacken
Wir bekamen von zwei Frauen aus der Gemeinde zwei Kirchenführungen in Tranemo und in Mossebo – in perfektem Deutsch von einer ehemaligen Deutschlehrerin.
Die Kirche in Mossebo, die auch zu Franz‘ Einzugsgebiet gehört. kannten wir noch nicht und waren hin und weg. Eine schwedenrote Holzkirche mitten im Wald, die gerne für Trauungen genutzt wird.



Die Deckenmalereien an der Orgel haben mir besonders gut gefallen – die Darstellung von Himmel und Hölle.


Besonders beeindruckend bei den Kirchen hier finden wir den tadellosen Zustand, in dem sie sich befinden. Da ist viel Mühe und Liebe für den Erhalt der Kirchen vorhanden.
In Tranemo befindet sich ein Café und Second-Hand-Laden der Gemeinde, den wir auch kennenlernten.
Und natürlich, wie sollte es auch anders sein, durfte ein Ausflug zu IKEA nicht fehlen. Ein Bett, ein Küchentisch, ein Sofa, ein Kinderstuhl und noch einiges an Kleinkram. Komisch, warum das wohl nicht in zwei PKW gepasst hat? Glücklicherweise konnten wir einen Anhänger vor Ort leihen. Sehr beeindruckend, das ging alles mit einer App und kostenlos (nur 4,90 Euro für die Versicherung); das große Vorhängeschloss des Anhängers ließ sich via Bluetooth mit dem Handy öffnen. Also haben wir alles nach Limmared gebracht und den Anhänger zurück nach Jönköping. Eine ganz schöne Fahrerei, aber bei den tollen Wegen halb so schlimm. Durch Wälder, an Seen und süßen Schwedenhäusern vorbei – und ohne Ampeln.

Der Papierkram
Gefühlt alles in Schweden ist an die „PN“ gekoppelt, die Personennummer. Das ist Steuernummer, Personalausweisnummer, Sozial- und Krankenversicherungsbasis und so weiter und so fort. An sich äußerst praktisch. Im Moment ist es aber so, dass es sehr lange dauert, bis man die Personennummer bekommt. Deshalb sind wir Anfang März in Schweden gewesen, um extra früh den Antrag zu stellen. Ganz optimistisch waren wir danach, weil der Antrag nur etwa 10 Minuten gedauert hat und uns in der Steuerbehörde gut geholfen wurde.
Ich hatte die Hoffnung, dass die PN schon da wäre, wenn wir ankommen. Aber zu früh gefreut. Also habe ich beim Skatteverket, der Steuerbehörde, mehrfach angerufen und nachgefragt. Da wir so auch nicht weiterkamen, haben wir die Kinder eingepackt und sind in die nächste Stadt gefahren, in der sich ein Servicebüro befindet, in dem wir auch den Antrag gestellt haben. Dort bekamen wir die Info, dass der Antrag in keinem System zu finden sei und dass es nur sein kann, dass er mit der Post verloren gegangen ist. Ich hatte einen kleinen Anflug von Panik. Alles neu beantragen und wieder von Neuem warten? Oha. Dann hat die Mitarbeiterin mir geholfen, einen neuen Antrag auszufüllen und stutzte beim Anfangsdatum von Franz‘ Job. Antrag für die Nummer im März und Anfang des Jobs im Mai, das war also das Problem, weshalb es wohl erst einmal auf einen anderen „Noch-nicht-bearbeiten-Stapel“ gelandet ist. Also ist der Antrag wieder aufgetaucht… Jetzt bleibt es nur beim Warten und hoffen, dass wir bald „geschäftsfähig“ sind.
Hier eine kleine Kostprobe, was alles damit zusammenhängt: Ohne PN kein Konto. Ohne Konto keine Mietüberweisung, weil die Vermieterin durch Wechselkursschwankungen Probleme mit der Steuer hätte, wenn wir vom deutschen Konto überweisen würden. Ohne PN kein Internet und kein Handyvertrag (ein Hoch auf das EU-weite Roaming). Ohne PN kein Eintrag ins Melderegister und ohne das kein SFI, also keinen Schwedischkurs. Kein Kindergeld, keine Autoummeldung, keine Krankenversicherung (da gibt es zum Glück auch Karenzzeiten). Heute haben wir ein Fahrrad gekauft und wurden selbst da für den Diebstahlschutz nach der PN gefragt. Verrückt. Wir freuen uns schon, wenn das alles dann geht.
Die ersten Eindrücke
Nachdem der Großteil der Möbel stand und die Kisten weniger wurden, hat sich der Stress ein wenig gelegt. Anfangs wirkte sowohl die Bürokratie als auch die physische Herausforderung des Umzugs wie ein riesiger Berg. Wenn man dann auch noch die Sprache des Landes nicht so spricht, wie man gerne würde, kommt Überforderung mit dazu. Neben allem auch noch zu versuchen, die Kinder bestmöglich emotional „aufzufangen“. Eine brisante Mischung, wenn man es eigentlich mag, Dinge unter Kontrolle zu haben. Aber auch eine gute Übung für uns. Franz war ein wenig nervös vor dem Sonntag, als meine Eltern wieder gefahren sind, weil sie noch der letzte „Anker“ aus Deutschland waren. Ab jetzt sind wir hier und wir sind auf uns allein gestellt.
Wir sind allerdings nicht allein. Die Menschen um uns herum sind sehr offen und nett. Die Fremden auf der Straße, die Verkäufer im Laden, die Jugendlichen, die sich an Emma und Dorle im Kinderwagen erfreuen. Mit unseren Nachbarn sind wir auch schon in Kontakt gekommen und wir haben eine Einladung für nächste Woche bei Franz‘ Kollegin. Ein Lichtblick war auch der Gottesdienst am Sonntag mit anschließendem Kirchkaffee, bei dem wir mit unserem Stammel-Schwedisch so nette Gespräche geführt haben. Heute waren wir mit der ehemaligen Deutschlehrerin in Ulricehamn, weil dort ein Lidl ist, der viel billiger ist als andere Geschäfte (aber leider immer noch ziemlich teuer). Sie hatte es angeboten, um uns die Stadt zu zeigen, die ein schönes Ausflugsziel ist, und ein wenig über die schwedischen Lebensmittel zu erzählen. Besonders nett fand ich, dass sie uns „Hausaufgaben“ mitgegeben hat. Verbtabellen und Sätze auf Schwedisch, die sie extra für uns zusammengestellt hat und in denen sie über die ersten Tage berichtet hat. Ich bin beeindruckt, wie viel sie sich von dem gemerkt hat, was wir ihr erzählt haben.
Neben den netten Begegnungen ist die Natur atemberaubend. Die wilden Wälder, großen Seen, die gute Luft. Spaziergänge sind ein echtes Highlight. Ich warte noch auf den Tag, an dem wir einen Elch sehen (ja, Klischee, ich weiß); bisher sind uns jede Menge Rehe, Eichhörnchen, Kraniche und Vögel begegnet. Es ist überraschend sonnig und viel heller als erwartet, ich creme mein Gesicht jeden Tag ein, weil ich nach den ersten zwei Tagen einen kleinen Sonnenbrand hatte.



Franz hat heute einen detaillierten Zeitplan für seine Einarbeitung bekommen. Das ist auch eine schöne Sache und noch ein spannender zukünftiger Abschnitt.
Doch nicht nur aus Schweden haben wir Begrüßungsblumen bekommen, sondern auch aus Deutschland. Mein Bruder, meine Schwägerin und ihr Sohn haben uns diese wunderbare Überraschung beschert.
Diese Blumen sind ein Sinnbild für den Zuspruch und die Anteilnahme an unserer Entscheidung. Wir sind sehr dankbar dafür!
Es tut gut, so liebe Menschen zu kennen und daran ändert auch eine größere geographische Distanz nichts.
Außerdem gibt es ja auch noch die Besuche. Bald bekommen wir den ersten aus Deutschland, worauf wir uns auch schon sehr freuen.

8 Kommentare
Elke · 28. April 2022 um 07:17
Hallo Ihr Lieben….schön dass ihr gut angekommen seid. Es klingt ja super wie du von der Natur und der Umgebung schreibst…da bekommt man gleich Reiselust.
Wir wünschen euch eine schnelle Eingewöhnung in die neue Umgebung und neue Sprache.
Viele liebe Grüße an alle…
Steffi Spenn · 29. April 2022 um 08:39
Vielen Dank, liebe Elke! Liebe Grüße an euch alle!
Tanja · 8. Mai 2022 um 19:49
Wie schön sich das alles anhört ! Prima- viel Spaß und Freude weiterhin ! 🥰
Steffi Spenn · 13. Mai 2022 um 21:30
Vielen Dank, liebe Tanja 🥰
Eva Dirschauer · 9. Mai 2022 um 11:41
Liebe Steffi, wir sind zurück aus dem Urlaub und gerade lese ich Ihren neuesten Bericht. Wie schön, dass Sie uns teilhaben lassen. Ihre Schilderung über den Empfang in Schweden hat mich zu Tränen gerührt. Die freundlichen Menschen dort helfen Ihnen sicherlich über so manchen Trennungsschmerz hinweg. Ich bin sicher, dass Sie nach der ersten schwierigen Zeit eine wunderbare Zeit in Schweden erleben werden. Liebe Grüße
Steffi Spenn · 13. Mai 2022 um 21:32
Vielen Dank, liebe Frau Dirschauer. Der Trennungsschmerz ist natürlich trotzdem noch da, aber auch die Freude über die tollen Begegnungen und Menschen, die wir in Heide kennenlernen durften. Und die Neugier auf das, was hier noch vor uns liegt.
Liebe Grüße in den „Süden“!
Rosi und Günna · 5. Juni 2022 um 12:50
Hallo Steffi und Franz ,
wir haben uns gerade eure Webseite angeschaut,
Das sieht ja alles sehr positiv aus.
Wir hoffen eure Vorstellungen und Wünsche werden erfüllt.
Ganz liebe Grüße Günna und Rosi
Steffi Spenn · 6. Juni 2022 um 21:21
Hallo liebe Rosi und lieber Günna,
vielen Dank! Ja, bisher sind wir sehr froh über den Schritt.
Liebe Grüße nach Dortmund!