Gefühlt schon schwedischer

So langsam klären sich alle bürokratischen Fragen. Wir haben unsere IDkort abgeholt, also unseren schwedischen Personalausweis, den wir für alle möglichen Dinge benötigen. Im Skatteverket, der Steuerbehörde, haben wir es uns bequem gemacht und Franz hat die Kinder bei Laune gehalten, während wir auf das Aufrufen unserer Wartemarke gewartet haben. 

Skatteverket-Besuch

Mit diesem Ausweis konnten wir die Bank-ID beantragen, mit der wir offizielle Dinge wie Kindergeldbeantragung oder die Bestätigung des Kindergartenplatzes vollziehen können, ohne dass wir dafür unterschreiben oder uns separat anmelden müssen. Und wir konnten unser Online-Banking aktivieren, also auch „Swish“ benutzen, die in Schweden sehr weit verbreitete Zahlungsart. Zwischen Freunden kann man „swishen“; im Restaurant, in Läden, eigentlich überall, wo wir sonst Bargeld nutzen würden, aber keine umfängliche Banküberweisung tätigen würden. 

Jetzt sind wir schon irgendwie ein bisschen schwedischer.

Mit der Sprache wird es immer besser. Wir arbeiten allerdings auch viel daran. Abends, wenn wir Zeit für uns und etwas Ruhe haben, nutzen wir sie dafür. Es gibt immer wieder Momente, in denen wir beide das Gefühl haben, es müsste eigentlich schon besser sein, aber da müssen wir uns einfach ein bisschen entspannen und weitermachen. 

Emma kann ab Ende August in den Kindergarten, darüber freuen wir uns sehr. Durch den Kontakt mit den anderen Kindern (und immer den gleichen Kindern) wird sie bestimmt schnell Schwedisch lernen. Sie zeigt immer öfter Interesse und fragt mich, was bestimmte Gegenstände auf Schwedisch heißen. Und das ein oder andere Kinderlied macht auch schon Spaß.

Brasilien - Deutschland - Schweden

Die Welt ist so groß und doch so klein. In meinem Schüleraustausch 2008 habe ich eine Freundin gewonnen, die mich damals nach meinem Austausch mit nach Deutschland begleitet hat. Das war ihre erste Auslandsreise. Auf einer anderen Auslandsreise in ihrem Studium lernte sie ihren schwedischen Mann kennen. Bei ihrer Familie war ich nach dem Austausch mehrfach und habe dort gewohnt. Wiedergesehen haben wir uns bei der so einschneidenden Reise nach Stockholm, von der ich schon berichtet habe. Sie war beim Konzert dabei, bei dem Franz gesungen hat, hat Emma kennengelernt… Und jetzt wohnen wir beide in Schweden, unglaublich. Es war für mich sehr emotional, jetzt mit einem wunderbaren Mann und zwei wunderbaren Kindern bei ihrer Hochzeit in Schweden dabei sein zu dürfen und ihre Eltern und Tante auch wiederzusehen. 

Hochzeit von Andressa und Oskar
Schick für die Hochzeit

Plocka bär

Franz und ich mussten lachen und haben uns gewundert, warum in einer der ersten Dialoge des Sprachbuchs die Vokabel „plocka bär“ (Beeren pflücken) genutzt wurde. Es wirkt eigentlich etwas abwegig. Nicht aber hier vor Ort. Franz hat damit sogar bei seiner Vorstellung für einen Lacher gesorgt. 

Jetzt sind wir hier und haben erst Erdbeeren gepflückt. Und jetzt auch Blaubeeren im Wald. 

Oma pflückt Beeren mit Emma
Blaubeeren
Was für ein süßer Anblick. Emma sitzt mitten in den Blaubeeren und isst eine nach der anderen - wie im Schlaraffenland.
Blaubeerhände
Erdbeeren pflücken

Die Blaubeermarmelade war harte Arbeit, weil die Beeren an der Stelle sehr klein waren, an der wir gepflückt haben. Wir müssen uns aber unbedingt nochmal auf den Weg machen, denn sie schmecken herrlich! Pur oder als Marmelade.

Blaubeeren pflücken
Marmelade

Elche

Auf dem Rückweg der Hochzeit war es soweit: Wir haben einen Elch in freier Wildbahn gesehen! Beziehungsweise sogar zwei, Mutter und Kind. Sie standen auf einem Feld und Franz wäre einfach vorbeigefahren, aber mir ist er aufgefallen. Wir hielten an, um zu schauen und was soll ich sagen? Es sind schon sehr beeindruckende Tiere. Unglaublich groß. Als dann ein Auto hinter uns kam, setzten sie sich in Bewegung und auch das war spektakulär, weil sie sehr schnell sind, was wir bei der Größe eigentlich nicht annehmen würden. 

Beim Beerenpflücken hat mein Vater Teile eines Elchkiefers gefunden. An dem Verhältnis zu meiner Hand lässt sich gut erkennen, wie groß die Tiere sind. 

Elchgebiss

Mittelaltermarkt im Torpa Stenhus

Torpa Stenhus
Mittelaltermarkt

Unweit unseres Zuhauses gibt es eine Burg. Dort fand ein Mittelaltermarkt statt. Ein bisschen sentimental sind wir geworden, weil wir diese Sachen das letzte Mal bei der mittelalterlichen Hochzeit unserer Freunde getragen haben, die jetzt in der Schweiz wohnen. Es war schön, wir haben an diesem Tag besonders viel an sie gedacht. 

Bogenschießen
Bogenschießen
Emmas kleine große Freundin
Emmas kleine große Freundin. Kinder verstehen sich auch ohne Worte.

Ausflüge durch die schwedische Idylle

Meine extrem starken, chronischen Rückenschmerzen haben mir im Alltag sehr zugesetzt und es wurde trotz Training zunehmend schlimmer. Nach Emmas Geburt hatte ich einen Bandscheibenvorfall, der in der Schwangerschaft mit Dorle nicht zu spüren war, aber nach der Geburt mit Wucht wiederkam. Da ich hier jetzt sehr oft alleine mit den (schweren) Kindern war, wussten wir uns nicht zu helfen und ich bin noch einmal zum Arzt gegangen. Eigentlich ohne große Erwartungen. Da wurde ich allerdings eines Besseren belehrt, weil es immer Hoffnung und eine Lösung gibt. Nach einer sehr guten und gründlichen Untersuchung stellte der Arzt fest, dass mein Becken durch die Schwangerschaft mit Dorle instabil geworden ist. Manchmal reicht da schon ein Millimeter aus, um diese Instabilität zu verstärken. Das hat alles der Rücken „ausgeglichen“ und die Muskeln waren völlig verkrampft. So sehr, dass ich manchmal meine Beine nicht richtig spüren konnte. Er hat mir zwei Spritzen in den Rücken gegeben und seitdem ist es weg! Ich habe so viele dankbare Freudentränen geweint! Am Training für die Stabilität mangelt es nicht und unser Alltag ist wieder zu bewältigen. Ich bin jetzt auch mit den beiden Kindern alleine unterwegs und kann fast alles wieder machen. So eine Erleichterung! „Es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt“ – ja, das ist es wirklich. Ich verspüre viel weniger Stress und kann unbeschwerter sein.

Unterwegs sein ist überhaupt das Stichwort. Wir haben viel Besuch, das ist wirklich schön. Franz‘ und meine Eltern, Franz‘ Onkel und Tante, Freunde und neulich auch unsere 84-jährige Freundin aus der Heider Nachbarschaft, deren Sohn seit 32 Jahren in Schweden wohnt. (Auch hier wieder: Was für eine kleine Welt. Eine Bekannte, die in Schweden wohnt, kennt ihren Sohn.) So viele tolle Erlebnisse und Dinge, die wir sehen. Es macht uns viel Freude, unsere neue Heimat zu zeigen und gemeinsam zu erkunden. Franz verpasst dabei oft viel, weil er arbeitet, aber die Arbeit macht ihm sehr große Freude. 

Abendliche Inlinerfahrt
Weiter Horizont

Ob abendliche Sporteinheiten oder Baden in einer der vielen Seen – draußen zu sein, macht einfach glücklich. 

See vor der Haustür
Regenbogen
Wunderbar weiter Himmel
Bootfahren auf dem See
Lundens trädgård
Lundens trädgård - ein Privathaus eines ehemaligen Küsters der Gemeinde, der Gartenführungen durch seinen einmaligen Garten macht.
Ulricehamn
Ulricehamn
Emma genießt die Idylle
Emma in der schwedischen Bilderbuch-Idylle

Sonnenuntergänge lassen hier nicht zu wünschen übrig. Und einen senkrechten Regenbogen habe ich noch nie gesehen. 

Senkrechter Regenbogen
Sonnenuntergang Tranemo kyrka
Sonnenuntergang am See

2 Kommentare

Rosemarie Sauer · 4. August 2022 um 16:04

hallo liebe Steffi, deiner Beschreibung über euer Leben und Wirken in Schweden, hat mir sehr gefallen.
Somit nehmen wir etwas teil an eurem Leben.
Am meisten freut mich ,dass du es wieder ohne Schmerzen genießen kannst.
Ich habe die letzte Woche Urlaub in Dänemark gemacht.
hab an euch gedacht ,als an der engsten Stelle Dänemark – Schweden stand…….
Ich habe eine Rundreise durch Dänemark gemacht .
freue mich auf deinen nächsten Bericht, bis bald ihr Lieben
liebe Grüße Günna und Rosi

    Steffi Spenn · 17. August 2022 um 21:01

    Hallo ihr Lieben. Das hört sich ja toll an! Vielleicht habt ihr ja mal Lust, uns besuchen zu kommen. Es ist wunderbar hier. Es freut uns sehr, dass dir die Berichte gefallen! Ganz liebe Grüße nach Dortmund!

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